Samstag, Januar 20, 2007

Orkan olé!

Hätte Kyrill nicht eben Kyrill geheißen, hätte man ihm auch einen Namen verpassen können, der durch ein im deutschen Sprachgebrauch beliebtes Schimpfwort repräsentiert wird.
Was fällt diesem "Orkan" eigentlich ein? Einfach über Deutschland herfallen und einen Saustall zurücklassen; sowas kennt man sonst nur von...Heuschrecken...aus südlicheren Ländern.

Wer ist am Donnerstagabend eigentlich noch Bahn gefahren? Also ich war dabei und ich muss sagen: Klasse! Faszinierend! Atemberaubend! Mir hats wirklich gefallen, ehrlich. Ich meine, wann hat man sonst schonmal die Chance zwei Stunden im Schneckentempo über die Schienen zu heizen? Richtig, nur am achten Wochentag, also nie. Zeit ist Geld und andersrum oder wars doch andersrum? Keine Ahnung, ich bin total verwirrt, denn in Koblenz war Schluss mit lustig. Pünktlich um 19:30 Uhr hat der Zug 130 Miunten nach Mainz einen weiteren Hbf erreicht. Um die Uhrzeit hätte der geneigte "Deutsche-Bahn-Nörgler" schon den Hauptbahnhof von Düsseldorf erreicht, aber Kyrill muss ja wieder rumzicken...

Aus Sicherheitsgründen durfte der Zug Koblenz nicht verlassen, die Fahrgäste wurde auf den kalten und nassen Bahnsteig geworfen, die Schaffner hatten genau so viele Ratschläge für einen wie ein leerer Kartoffelsack - nur ohne Sack eben. Nunja, zum Glück schweist so eine Situation zusammen. Zu dritt stürzt man sich nach einer kurzen Beratung in ein erfolgloses Klischee-Schaffner-Interview

Fahrgast X: "Wie geht es jetzt weiter?"
Schaffner (schaut verdutzt und empört zugleich): "Keine Ahnung."
Fahrgast X: "Fährt der Zug heute noch weiter?"
Schaffner (nervös): "Keine Ahnung."
Fahrgast X: "Fährt der Zug morgen weiter?"
Schaffner (genervt): "Keine Ahnung."

"Keine Ahnung" wird zur Universalantwort - wenn auch zugegeben - verständlicher Weise. Danach geht es ins >>Service<<-Zentrum der DB. Mit Schlangen war in demselbigen zu rechnen, natürlich nicht mit meterlangenAnacondas, eher mit Blindschleichen, aber die saßen auf der anderen Seite des Schalters...alle mit so komischen roten Mützen auf dem Haupt.
Nach einer langen Kurzweile wurde die Frage nach einer Kostenerstattung für ein Hotelzimmer ebenso zurückgeschmettert wie die nach einem Sammeltaxi. Einzig die Fahrkarten konnten für den nächsten Tag gültig geschrieben und die nächstmöglichen Verbindungen ausgedruckt werden. Vielen Dank dafür, aber ob die Züge wirklich fahren wusste niemand, selbst der Interview-Schaffner vom Bahnsteig nicht. Komisch eigentlich, der weiß doch sonst alles!

Nach weiteren Handy-Telefonaten wurde der Dreier getrennt; die Schauspielerin unter uns Dreien machte die Fliege in Richtung Hotel; von der Produktionsfirma gebucht. Wir zwei verbliebenen (Studentin + Student) versuchten glücklos in der Nähe des Hbf ein Hotel zu entern; kentern hätte diesen Vorgang auch gut beschrieben, da es dieser hätte sein müssen, um in den ausgebuchten Hotels ein Zimmer zu bekommen. Aber kennt ihr Freunde? Freunde sind wichtig und hilfreich zugleich. Nach einem Telefonat stand fest: Vom Hbf immer geradeaus bis zu einem Platz. Dort auf einen weiteren Studenten gewartet, der uns in seine WG geleitete. Kontakte zahlen sich eben doch aus, egal wie kurz und woher man sich kennt.

Eine WG wie keine andere: Zwei lustige männliche Studenten mit ausreichend Bier im Kühlschrank und Bier-Rabatt-gewehrende Dönerbude um die Ecke. So verfliegt ein Abend ziemlich schnell zumal sich zwei WG-Freundinnen ebenfalls einnisteten. 6 Menschen also, von Wänden, Fenstern und Arsch...., äh, ich meine Kyrill umgeben. Sehr gut, dachte ich mir.
Der Plan sah übrigens vor um 4.20 Uhr aufzustehen um den ersten ICE um 5.03 Uhr in Richtung Köln zu nehmen. Dumm nur, wenn man erst um 1 Uhr den Weg ins Bett findet und drei Stunden wach herumliegt, da die gegenüberliegende WG Spaß hat, bis 4.00 Uhr morgens Spaß zu haben. Egal, 20 Minuten Schlaf reichen doch locker um einen 21-stündigen Tag zu verkraften!! Alles andere wäre lächerlich.

Im Vollschlaf verlässt man also die WG, und verschwindet im Horizont der Fußgängerzone im Regen, von Kyrill keine Spur, selbst nach mehrmaligem paranoidem Umblicken. Im Hbf angekommen empfing uns ein Gong, den man aus Schulzeiten kennt, nur viel zu laut...fast wie ein dämliches Weckerklingeln. Resultat? Keine Ahnung, ich versteh das Wort nicht, aber was nach etlichen Durchsprecheraussagen herauskam war: 2 1/2 Stunden Wartezeit. Dann, ja dann erreichte Koblenz ein leerer Zug, der nach schätzungsweise 0,000000000002ms VOLL war. Stehplatz ahoi!

In Köln wurde das Duett das Kyrill bezwang getrennt. Nun galt es nur noch die Wartezeit im überfüllten Kölner Hbf in Kauf zu nehmen. Dabei trifft man auch tausende verärgerte und nörgelnde Menschen. Darunter ein Marcel, der jeden Schaffner anpöbelt und jedem (auch mir) sein Leid aufs Auge drückte...auch Fliegenschiss tut im Auge weh.
Solche Leute sind gefundenes Fressen für die Medien, die binnen einer Stunde in Köln vertreten waren. Ob WDR, ARD, RTL, N24 oder news, alle mussten sich in oder vor der Haupthalle des Hbf versammeln, um denselbigen zum Platzen zu bringen. Ein interessanter Schachzug, den selbst Deep Blue oder Fritz nicht verstehen würden.
Nach 85 Minuten Wartezeit war es geschafft, es lag nur noch der Weg nach Düsseldorf vor mir und die 18-Stunden-Tour von Mainz in Richtung Heimatort war schon zu Ende. Mit einem viel zu abrupten Ende und einer zu vorhersehbaren Story. Außerdem war es zu kurz und insgesamt zu dunkel. Auf ein nächstes Mal kann man trotzdem getrost verzichten, nicht wahr Kyrill?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Du armer, aber sehr lustige Story. Ich hoffe du hast es in dem Moment auch mit so viel Galgenhumor getragen =)