Dienstag, Juli 17, 2007

Beim Aufräumen lernen

Draußen scheint die Sonne. Sie erwärmt das Gemisch aus N2 (Stickstoff), O2 (Sauerstoff) und Ar (Argon) im Sommer besonders stark. So steht es zumindest in meinem Biologie-Heft aus Klasse sechs. Verdammt...wie Recht du hast, du liebes Heft. 31 Grad im Schatten sind nur die Bestätigung meiner acht Jahre alten Aufzeichnungen - es hat sich nicht viel verändert. Inzwischen kenne ich aber die gesamte Wahrheit, die mir als Unterstufenschüler noch verwehrt geblieben war: der Treibhauseffekt und eine damit verbundene Klimakatastrophe.

Mehr hat sich aber wirklich nicht verändert. Auch heute hat Columbus noch im Jahre 1492 Amerika entdeckt und Impfstoffe werden immer noch zuerst an Tieren getestet. Jedoch habe ich erst im Nachhinein erfahren, dass Columbus eiskalt behauptete, er habe Indien entdeckt. Nur wegen ihm betitelt man Winnetou und seine Kompagnons als Indianer. Später wurde mir auch erklärt, dass man zur Impfstoffgewinnung die m-RNA des Antikörpers, der vom Tier gebildet wird, herausfiltert, spliced (beschneidet) und dann mit teuren Automaten Antikörper in großen Mengen produzieren kann. Noch vor wenigen Jahren dachte ich, dass man Menschen Antikörper aus Schweine-Blutbahnen spritzt. Hat sich also doch etwas geändert?

Die Religion beweist mal wieder, dass Konservatismus gar nicht so verkehrt ist. Immerhin malen Schüler im Religionsunterricht der Jahrgangsstufe 5 Mandalas aus - Schüler in Jahrgangsstufe 12 beim selben Lehrer auch. Keine Evolution wie die der Darwin-Finken und auch keine Revolution wie 1789 in Paris. Schade eigentlich.

Alle Fakten sind mir beim Aufräumen meiner Schulsachen erneut in den Schoß gefallen und da haben wir den Sinn, den die Ordnung im Zimmer wirklich hat: Wer ein sauberes Zimmer hat ist schlau. Denn wer ein sauberes Zimmer haben will, muss ständig aufräumen und lernt dabei unfreiwillig etwas. Andernfalls könnte man sein Zimmer im Vorfeld sauber halten, aber wer steht schon auf Langeweile?!

Dienstag, Juli 10, 2007

Das ist nicht wirklich passiert!

Düsseldorf. Sommer. Sonntag. Abenddämmerung. Am Rheinufer laufen Spaziergänger auf und ab, die Obdachlosen lassen die Bierflaschen, auf der großen Treppe sitzend, klirren. Überall hört man andere Sprachen. Portugiesisch, Englisch, Japanisch und Holländisch. Doch die deutsche Sprache überschattet alle. "Ich hau dir gleich auf die Fresse!", schreit ein junger Mann - leicht angetrunken, aber nur leicht - einem älteren Herr mit roter Schirmmütze hinterher. Eine Geste später tritt der Laute der Schirmmütze zwischen die Beine. Die Passanten auf der Treppe beruhigen die Situation.

Der Blick über die Schulter schweift vom Geschehen auf der Treppe auf den Rhein ab. Am anderen Ufer wird die Rheinkirmes aufgebaut. Bereits fünf Tage vor Beginn steht die Achterbahn, die Wasserbahn sollte zu diesem Zeitpunkt lieber noch nicht befahren werden - außer von Chuck Norris und seinem Roundhouse-Kick.

Die Träumerei wird von einer Person unterbrochen. Wie immer eigentlich. Ständig wird man aus seinen Träumen gerissen. Tagträumereien kann man nie zu Ende führen. Aber vielleicht würde man ansonsten Situationen wie die folgende verpassen:

Die Person ist ein mittelalter Mann. Sonnenbrille, Jeansjacke, schwarze Hose und Schuhe. Er wirft sich samt aufgeklapptem Handy auf den Boden und beginnt noch im Fallen zu lachen. Er lacht die Leute auf der Treppe an und schreit:"Die Bullen haben gesagt ich solle die Drogenfahndung anrufen...die Bullen...die Drogenfahndung....hahahahahaha!" Er wälzt sich von einer Seite auf die andere und lacht für weitere zehn Sekunden. Danach steht er auf, klappt sein Handy zu und steckt es in die Hosentasche. Danach noch schnell die Sonnenbrille zurechtrücken und ab gehts - aus dem Blickfeld in Richtung Rheinturm. Die Japaner haben alles auf Videokamera, die Holländer haben ihre Zelte schnell abgebaut, die Engländer saufen und die Portugiesen rauchen. Erstere schauen sich alles nochmal an, Zweitere sind weg und die Engländer und Portugiesen haben gar nichts mitbekommen.

Wenn man auf der Treppe nicht mit mehreren Zeugen gesessen hätte, würde man doch glauben, dass es wieder einer dieser verdammten Tagträume war! Abends im Bett kann man immerhin noch ungestört träumen - auf Deutsch und ganz allein.

Sonntag, Juli 01, 2007

Fünfte Jahreszeit

Der Kühlschrank surrt monoton hinter meinen Schultern. Der Laptop steht vor mir - zugeklappt. Dafür finden sich auf dem Schreibtisch verteilte DINA4-Blätter mit schwarzen Buchstaben drauf. Kenner wissen was los ist: es wird gelernt.

Gerade, als sich der Kühlschrank eine Auszeit nimmt und mein stylistisches Hochschul-BRAIN sich von den unwichtigen Träumereien abwendet und auf das Wesentliche schaut, fängt der Säugling der Nachbarn an rumzupöbeln. Wuuääh, wuäääääh. Opa versucht hilferufend das Kind mit Klatschen ruhig zu stellen - wie die Lichtschalter, die auf Klatschen reagieren. *Klatsch*: das Licht geht an. *Klatsch Klatsch*: das Licht geht aus. Vielleicht denkt Opa ja, dass das auch mit Säuglingen geht? In der Werbung wird immerhin viel erzählt.

Als Oma endlich die Hilferufe hört und aus der Küche genervt ruft "WAS DANN????" ist eines klar: Oma hat die Hörgeräte ausgeschaltet und nimmt das Geschrei ihres Enkels gar nicht wahr. Opa klatscht weiter. Vielleicht will er das Kind auch motivieren weiter zu machen, um die Nachbarn an einem Sonntag zu ärgern - mich zum Beispiel...die Sau!

Fenster zu und volle Konzentration in Richtung weißes Papier. Aber das Geschrei des kleinen RACKERS (!) geht nicht weg. "Ist es eigentlich normal, dass man Säuglinge am Sonntag zum Schreien auf den Balkon legt?", will ich fragen und dabei fällt mir auf, dass viele ältere Leute zum Lachen auch ins Ausland fahren. Ob da eine Verbindung besteht? Vermutlich, ja.

Wie verschaffe ich mir Ruhe? Boxen aus dem Fenster hängen und obzönes Gestöhne abspielen? Oder Anit-Kinder-Songs? Alles viel zu einfach. Ich liebe Seiten, auf denen es tausende Sounddateien gibt. "Sounddateien > B > Baby > Geschrei". Aha, da sind wir richtig. "Abspielen?". Bitte. "Volle Lautstärke?". Immer doch.

Jetzt können mich die Vollidioten mal. Hahahaha! Mit den eigenen Waffen die Konkurrenz zu schlagen ist im digitalen Zeitalter ganz einfach. Ich habe auch noch Rülps- und Furzgeräusche gefunden. Amüsante Töne und noch "unverhört". Adieu Nachbar, du Amateur. Extra ein Säugling machen, obwohl es diese Geräusche auch im Internet gibt. Unökonomisch und umständlich.

Nach fünf Minuten schließt die Balkontür. Säugling drin. Opa drin. Oma drin. Kein Geschrei. Kein Klatschen. Oh, stopp. Den Klatschsound habe ich dann auch noch abgespielt, um mir selber zu einem grandiosen Sieg zu gratulieren. Au revoir...