Mittwoch, Juli 26, 2006

Jobhopper

"Jobhopper?"..."hä, was soll denn das bitte sein?", wird jetzt mit Sicherheit jeder denken, der dieses Wort liest, denn er hört es zum ersten Mal. Es handelt sich schlicht und ergreifend um einen Neologismus, eine Wortneuerfindung also. Nungut, sie ist nicht ganz frei erfunden, denn der Begriff "Clanhopper" wird jedem Online-Gamer ein Begriff sein und genau von dem ist sie abgeleitet.

Da sich selbst Wikipedia noch nicht diesen Begriff samt Erklärung unter den Nagel gerissen hat, muss ich ihn leider selbst erläutern: "Clanhopper" sind Menschen, die einem Clan (eine Vereinigung von Spielern und Organisatoren, die gerne zusammen ein Spiel spielen [meistens sind es Online-Spiele], sogenannte Multigaming-Clans sind Vereinigungen mit mehreren Teams, jedes Team bevorzugt ein anderes (Online-)Spiel und vertritt den Clan auch in diesem]) beitreten um im Team ein Spiel zu spielen. Wenn sie nun ein Angebot eines "besseren" Clans bekommen, wechseln sie, dann werden sie vielleicht besser und noch "bessere" Clans interessieren sich für sie. Der Clanhopper ist primär egoistisch und wechselt zu dem Clan, der ihm den besten Support gibt. Auf Deutsch: Die Säcke wechseln immer in solche Clans, bei denen sie möglichst viel umsonst bekommen, sich nicht an den anfallenden Serverkosten beteililgen müssen etc., etc.
Kurz gesagt: Ganz, ganz böse Menschen!


"Was labert der da eigentlich? Was hat das mit 'Jobhoppern' zu tun?"

Ich seh schon, ich soll zum Thema zurückkommen...

Ich beginne das Thema einfach mal mit einer dreisten Behauptung: Bald wird unsere Arbeitsgesellschaft nur noch aus Jobhoppern bestehen! Wer kennt es nicht? Das Phänomen des freien Mitarbeiters zum Beispiel. Zwei Jobs gleichzeitig, denn ansonsten gilt man als "scheinselbstständig" (hui, ein fieses Wort!!!). Ok, die Menschen machen sich nur selbstständig bzw. frei, da sie überleben wollen, ein Job reicht heutzutage wohl nicht mehr aus. Aber genau HIER liegt doch der Punkt! Wer hat Lust jeden Tag die selben Aktivitäten zu begehen? Wer hat Lust jeden Tag die selben Handlungen durchzuführen? Immer wieder liest man (oder hört man, je nachdem über welchem Medium man gerade hervegetiert), dass ALLE Leute mit ihrem Job zufrieden sind, weil er soooooooo (mindestens 100000 m lang) abwechslungsreich ist.
Natürlich können Berufe abwechslungsreich sein, aber dieser Abwechslungsreichtum endet auch irgendwann. Alles ist endlich, so auch der Abwechslungsreichtum jedes Berufes. Mal ist der Spielraum größer, mal kleiner. Mit zwei Berufen hat man ihn immerhin schonmal verdoppelt, denn man hat zwei Spielräume, aber auch hier werden einem schnell die Granzen aufgezeigt.

Zwei Beispiele:

- Peron A arbeitet als Zugführer...hui, ein wirklich interessanter Job. Man übernimmt die Verantwortung für den Transport vieler Menschen zur gleichen Zeit...es ist so ähnlich wie Auto fahren...nur anders. Man muss pünktlich sein, muss in ein Mikrofon nuscheln, auf welcher Seite des Personenbeförderungsgerätes auf vielen Rädern die auf Schienen rollen können die Passagiere aussteigen sollen und man darf auch mal Knöpchen drücken, um Türen zu öffnen, zu schließen, das Licht an- bzw. auszuschalten. Gut, man wird also eines Tages eingearbeitet und nach einer bis zwei Woche(n) hat man den Job drauf. Dann beginnt die Routine, der Abwechslungsreichtum ist bereits sehr früh erschöpft! Fuck it!

- Person B ist ein Marketing-Consultant-Extreme-English-French-Japanese-Manager und fliegt um die ganze Welt, um die Kontakte zu Geschäftspartnern zu pflegen. Sie bereitet im Flieger neue Power-Point-Präsentation vor, telefoniert via Handy von einem japanischen Flughafen auf Französisch mit einer Person, die sich in Deutschland befindet, gefahren wird zu Hause ein Firmenwagen, um auch in Deutschland schnell am Ziel zu sein. Berlin, München und Frankfurt an einem Tag, kein Problem! Ihr merkt schon, der Job ist deutlich abwechslungsreicher und aufwändiger, als der des Zugführers, aber auch hier ist der Spielraum begrenzt. Überlegt mal...fliegen, Auto fahren, telefonieren, vorm Laptop rumlungern und anderen Leuten in den Arsch kriechen (der letzten Punkt interessiert den Busfahrer nicht die Bohne während er gerade seine Bahn beschleunigt). Auch Person B hat einen abwechslungsreichen Job, dennoch wird er zur Routine. Vielleicht nach acht Wochen...vielleicht erst nach zwölf Monaten...hier gibt es natürlich viele verschiedene individuelle Konstellationen.

"Man labert der viel, worauf will er eigentlich hinaus?"

Pah, das ist doch ganz einfach zu beantworten: In der heutigen Zeit, in der mit Sicherheit jede Stunde mehrere Menschen entlassen werden, muss man zwingender Weise zum "Jobhopper" mutieren! Nicht nur, wenn man eine Kündigung erhält, in der drinsteht, dass die Firma in Zukunft nicht mehr mit der eigenen Persönlichkeit weiter plant. Nunja, der Job wird also gewechselt, vielleicht erhält man noch dann bald im neuen Job eine erneute Kündigung, der Job wird nochmals gewechselt oder man bleibt arbeitslos...die Arbeitslosigkeit wird inzwischen übrigens auch schon als Berufsstatus akzeptiert, traurig, traurig!
Das eben Beschriebene differiert noch vom Clanhopper, aber nicht mehr lange, verlasst euch drauf!

Werden wir also etwas optimistischer...es wird einem nicht gekündigt, aber dein Job nervt dich nach einem Jahr dermaßen, dass du nicht aufstehen magst, dass du abends nicht einschlafen kannst, dass du lieber 1000 andere Dinge lieber tun würdest, als arbeiten zu gehen, dass du zwar abhängig vom Geld bist, aber dennoch in Erwägung ziehst alles hinzuwerfen...crazy oder? Aber sowas soll es ja geben...woher auch meine komischen Gedanken kommen mögen, es sind bestimmt nur Erfindungen meines Gehirns die bestimmt nicht in der Realität existieren. Genau so versuche ich auch immer mein Gewissen zu beruhigen und mir die Welt einfach schön zu reden. Spitzenidee!

Was macht also solch ein Mensch? Totunglücklich ist er...er KÜNDIGT! Er geht auf Jobsuche, findet einen neuen Job, eine neue Aufgabe also. Am Anfang ist alles spannend, weil alles neu ist, aber nach einem Jahr stellt sich das alte Gefühl wieder ein. "Verdammte Scheisse" denkt sich die Person jetzt. "Das kennst du doch!" Tja, gar nicht so lange her, oder? Schon wieder kündigen? Oder den Frust aufstauen und irgendwann mal ausrasten? Wieso geht das Gefühl nicht weg? Was mache ich nun? Ich will etwas neues erleben, also kündige ich und hoffe einen neuen Job zu finden. Ich hoppe also durch die Jobwelt.

Natürlich ist meine Theorie stark vereifnacht und lässt sich nicht einfach von der "Online-Community" auf die reale Welt projizieren, aber im Grunde ist es doch so! Jeder Mensch wäre gerne ein Clanhopper im "real life"! Aber man steckt im Job fest...life sucks?! Wäre es einfacher einen Job zu finden und hätten wir nicht so viel Angst nie mehr einen Job zu finden, wären Jobhopper schon berühmt und es wäre ein gesellschaftlicher Wert möglichst viele Jobs durchlaufen zu haben. Dadurch wird man aber auch flexibler, man hat halt schon viel erlebt, in vielen verschiedenen Jobs! So wird es auch nicht mehr langweilig, so wäre dein Job bzw. deine Jobs abwechslungsreich!

Aber auch das juckt den Zugführer nicht, er ist noch vom alten Eisen, die alte Generation, er bleibt bei seinen Leisten, auch wenn er kein Schuster ist! In der Mittagspause trifft er im Aufenthaltsraum einen ca. 40-Jährigen, der heute seinen ersten Arbeitstag hat und von ihm eingearbeitet werden soll...der 40-Jährige war übrigens früher mal ein Marketing-Consultant-Extreme-English-French-Japanese-Manager.

Keine Kommentare: